Weitere rechtliche Überlegungen zum Umgang mit Radon-Gas (Forts.)

In der Juni - Ausgabe der immobilia machten wir bereits auf die Radon-Problematik im Zusammenhang mit Immobilien aufmerksam. Im Rahmen dieser Ausführungen möchten wir ergänzend zu den rechtlichen Überlegungen im Zusammenhang mit Liegenschaftstransaktionen speziell auf die möglichen Konsequenzen für Bauherrn und Architekten sowie mietrechtliche Konsequenzen aufgreifen.

Allgemeines

Nach der Strahlenschutzverordnung aus dem Jahre 1994 gilt für Neu- und Umbauten ein absoluter Radon-Grenzwert von 400 Bq/m3, falls dieser mit einfachen baulichen Massnahmen eingehalten werden kann. Für Wohn- und Arbeitsräume gelten spezifischere Grenzwerte von 1'000 Bq/m3 für Wohnräume respektive 3'000 Bq /m3 für Arbeitsräume, die in jedem Fall zwingend einzuhalten sind, unabhängig davon, ob zur Einhaltung dieser Grenzwerte aufwendige und teure bauliche Massnahmen oder Sanierungen erforderlich sind. Darum sollte mithilfe der im Internet (www.radon.ch) verfügbaren Radon-Karten vor Baubeginn abgeklärt werden, wie hoch die Radon-Konzentration auf dem geplanten Baufeld ist respektive ob die gesetzlich vorgesehenen Richtwerte ohne besondere baulichen Massnahmen eingehalten werden können.

Konsequenzen für den Bauherrn

Aufgrund der Verpflichtung des Bauherrn und Eigentümers einer Immobilie, die Randon-Grenzwerte einzuhalten, ist es zudem ratsam, sich rechtzeitig mit dem Bauunternehmer sowie mit dem Architekten bezüglich der Radon-Problematik abzusprechen. Zudem haben auch der Bauunternehmer und der Architekt ein Interesse daran. Denn diese sind dem Bauherrn gegenüber verpflichtet, ein mängelfreies Bauwerk abzuliefern, wobei ein Neubau mit einer Radon-Konzentration über dem gesetzlich (oder vertraglich) vorgesehenen Grenzwert ein mangelhaftes Werk im Sinne der werkvertraglichen Bestimmungen nach Art. 363 ff. OR darstellt.

Nach Ablieferung des Werks hat der Besteller (d.h. der Bauherr oder Eigentümer), sobald es nach dem üblichen Gesetzgang tunlich ist, die Beschaffenheit des Werks zu prüfen und den Unternehmer von allfälligen Mängeln in Kenntnis zu setzen (Art. 367 Abs. 1 OR). Weil das Gesetz für diese Prüfung keine starren, nach Tagen oder Wochen bemessene Frist vorsieht, sind die Umstände des Einzelfalles, eine Branchenübung, die Natur der Kaufsache sowie Art des Mangels massgebend. Bei Liegenschaften ist das Bundesgericht der Ansicht, dass Mängel, die ohne weiteres feststellbar sind, unverzüglich gerügt werden müssen. Bei Nachweis von Radon-Gasvorkommen muss dem Besteller unseres Erachtens etwas mehr Zeit eingeräumt werden, wobei die Rügefrist in diesem Fall drei Monate, die zur Messung benötigt werden, nicht wesentlich überschritten werden dürfte. Jedenfalls ist es zu empfehlen, sofort nach Fertigstellung des Bauwerks respektive nach Abschluss der Renovationsarbeiten eine solche Messung durchzuführen. Wird dabei eine Überschreitung des gesetzlich oder vertraglich vorgesehenen Grenzwerts festgestellt, kann der Bauherr nach Art. 368 Abs. 2 und Abs. 3 OR die unentgeltliche Verbesserung des Werks durch den Unternehmer fordern, sofern dadurch dem Unternehmer nicht übermässige Kosten verursacht werden. Alternativ kann der Bauherr beim Unternehmer einen dem Minderwert des Werkes entsprechenden Abzug am Werklohn geltend machen. Zusätzlich kann der Bauherr bei einem Verschulden des Unternehmers von diesem Schadenersatz verlangen.

Die Ansprüche des Bestellers gegenüber dem Unternehmer verjähren mit Ablauf von 5 Jahren seit der Abnahme des Bauwerks (Art. 371 Abs. 2 OR). Vor allem mit Bezug auf die Leistungen der Architekten gilt es jedoch genauer abzuklären, inwiefern für dessen Leistungen nicht Werkvertragsrecht, sondern Auftragsrecht zur Anwendung gelangt. Denn eine Qualifikation des Rechtsverhältnisses mit dem Architekten als Auftragsrecht hätte zur Folge, dass er dem Bauherrn gegenüber während 10 Jahren für die Schlechterfüllung, wozu auch die vernachlässigte oder ungenügende Aufklärung durch den Architekten über die Risiken mit Radon–Gas zählt, verantwortlich bleibt. So vertritt auch das Bundesamt für Gesundheit die Meinung, dass der Unternehmer und Architekt gegenüber dem Bauherrn Aufklärungspflichten haben und es daher unabdingbar sei, die im Radon-Gebiete zu kennen sowie den Bauherrn über entsprechende bauliche Massnahmen zu informieren. Interessant ist zudem, dass die SIA - Norm 180 (1999) besondere Vorschriften zum Bauen in Radon-Gebieten enthält.

Mietrechtliche Konsequenzen

Vermieter von Liegenschaften müssen aufgrund der Radon–Problematik vermehrt damit rechnen, von ihren Mietern aufgefordert zu werden, für die fragliche Immobilie eine Radon-Messung durchzuführen. Ein sogenannter Radon-Dosimeter kann für CHF 60 pro Gerät bei einer anerkannten Messstelle bezogen werden. Zuständig hierfür ist im Kanton Zürich die Abteilung Lufthygiene des Amtes für Abfall, Wasser, Energie und Luft AWEL.

Sofern sich die Liegenschaft in einem Gebiet mit keinem oder nur einem geringen Radon-Risiko befindet, sollte der Mieter keinen Anspruch haben, eine solche Messung auf Kosten des Vermieters durchführen zu lassen. Es steht dem Mieter aber frei, auf eigene Kosten eine Messstelle mit einer solchen Messung zu beauftragen. Demgegenüber kann der Vermieter in Gebieten mit einem mittleren Radon-Risiko nach Meinung des Bundesamts für Gesundheit angehalten werden, eine entsprechende Radon-Messung durchführen zu lassen, falls konkrete Anhaltspunkte bestehen. Solche Anhaltspunkte sind z.B. ein undichtes Fundament oder ein Naturkeller. In einem Radon-Risikogebiet kann der Mieter grundsätzlich ohne weitere Begründung vom Vermieter eine solche Messung auf dessen Kosten verlangen.

Kann eine Grenzwertüberschreitung festgestellt werden, stellen die gesetzlich geforderten Sanierungsmassnahmen nach Einschätzung des Bundesamtes für Gesundheit keine wertvermehrenden Investitionen dar. Deshalb dürfen diese Sanierungskosten auch nicht auf den Mieter überwälzt oder dürfen allein gestützt darauf keine Mietzinserhöhungen angeordnet werden.

Zusammenfassung

Die Radon–Problematik spielt nicht nur im Bereich von Liegenschaftstransaktionen eine immer grössere Rolle. Auch bei Neu- und Umbauprojekten hat der Bauherr bei zu hoher Radon-Belastung vertragliche Ansprüche gegenüber dem Unternehmer oder dem Architekten. Zudem stehen mietrechtliche Ansprüche auf Durchführung einer Radon-Messung und weitergehende mietrechtliche Ansprüche im Raum.

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