Neue Gesetzeslage bei Baumängeln

Auf dem Bau arbeiten zahlreiche Akteure zusammen, um ein Projekt zu verwirklichen.  Gesetze und Normen regeln diese Zusammenarbeit und legen Verantwortlichkeiten fest – gerade auch im Falle von Baumängeln. Seit 2013 gelten neue Verjährungsfristen für mangelhafte, in Immobilien eingebaute Ware. Zusätzlich erfolgte im Frühjahr eine Revision der SIA-Baunorm 118. Ein Überblick.

Boris Grell, Sie sind als Fachanwalt auf Bau- und Immobilienrecht spezialisiert. Welches sind die neusten Entwicklungen im Bereich der Verjährungsfristen und der SIA-Baunorm 118?

Im Schweizer Obligationenrecht (OR) haben sich die Verjährungsvorschriften im Kauf- und Werkvertragsrecht geändert. So sieht das OR für Verkäufer und Werkunternehmer neu eine einheitliche fünfjährige Verjährungsfrist vor für in Immobilien eingebaute, bewegliche Waren, zum Beispiel undichte Fenster. Zusätzlich trat im Frühjahr
eine Revision der SIA-Norm 118 in Kraft.

Was bedeuten diese Änderungen für Unternehmen wie die Firma Schlagenhauf und deren Kunden?

Bauunternehmer und indirekt auch die Kunden profitieren davon. Stellte man  beispielsweise die Mangelhaftigkeit von Gipsplatten erst zwei Jahre nach dem Einkauf und Einbau fest, haftete der Bauunternehmer gegenüber dem Kunden zwar schon bisher fünf Jahre lang. Der Bauunternehmer konnte bislang aber den Lieferanten der defekten Gipsplatten nur während eines Jahres belangen. Neu sind die  Verjährungsfristen für die Geltendmachung von Mängeln für Bauunternehmer und Kunden gegenüber ihren Vertragspartnern gleich lang. Das ist ein fairer Ansatz und auch ein Vorteil für den Bauherrn: Das Bauunternehmen bleibt erster Ansprechpartner,
solche Mängelfälle können nun aber vom Bauunternehmer unter Einbezug des Lieferanten partnerschaftlich gelöst werden.

Was bedeutet die Verjährungsfrist von fünf Jahren genau?

Während der Verjährungsfrist können Mängel und Schadenersatzansprüche, die sich daraus ergeben, gerügt werden. Wenn die Frist abgelaufen ist, beziehungsweise zuvor
nicht rechtswirksam unterbrochen wurde, kann der Verkäufer respektive der Bauunternehmer nicht mehr belangt werden. Nur wenn der Bauunternehmer wissentlich mangelhafte Gipsplatten verbaute, ist er während zehn Jahren
haftbar. Nicht geändert haben mit der neuen Regelung aber die Rügepflicht und Rügefrist, die für Kunden äusserst wichtig bleiben.

Wieso sollten Kunden die Rügepflicht unbedingt kennen?

Wenn man einen Mangel feststellt, ist man nach der gesetzlichen Regelung nach wie vor verpflichtet, diesen Mangel sofort, also innert weniger Tage, gegenüber
dem verantwortlichen Bauunternehmer oder Lieferanten zu rügen. Lässt man sich zu viel Zeit, sind die Mängelrechte verwirkt und die fünfjährige Verjährungsfrist
ist sowieso nicht mehr relevant. Die Rügepflicht ist also zentral, trotzdem stolpern viele über diese Regelung.

Was bringen die SIA-Norm 118 und deren jüngste Revision?

Die Norm regelt das vertragliche Verhältnis zwischen Bauherr und Handwerker beim Bauen, wobei ein ausgewogenes Verhältnis der Rechte und Pflichten von Bauherrschaft und Bauunternehmer hergestellt werden soll. Damit sie zur Anwendung kommt, muss sie – im Gegensatz zum OR – aber ausdrücklich für anwendbar erklärt werden. Die vereinbarten Regelungen in der SIA-Norm 118 verdrängen in den meisten Fällen die werkvertraglichen Bestimmungen des OR. Beispielsweise räumt sie bei der Rügepflicht dem Bauherrn vorteilhaftere Rechte ein als im OR vorgesehen sind. So muss der Kunde nicht jeden Mangel sofort rügen. Er kann die festgestellten Mängel auflisten und innerhalb von zwei Jahren nach der Abnahme den verantwortlichen Bauunternehmer entsprechend informieren. Die SIA-Norm 118 wurde nur sanft revidiert. Bemerkenswert und wichtig für den Kunden finde ich, dass – soweit nichts anderes vereinbart wurde – nach der revidierten SIA-Norm 118 eine allfällige Mehrwertsteuer im Werkpreis als nicht eingerechnet gilt. Der Bauunternehmer
sollte darum bemüht sein, die zusätzlich geschuldete Mehrwertsteuer getrennt und  offen auszuweisen.

Zum Interview in der PDF-Version

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