Relativierung der Formularpflicht im Mietrecht
Ausgangslage
Aufgrund einer anstehenden Sanierung der Mietliegenschaft wurde den beiden Mietern A und B eine Mietzinserhöhung angezeigt. Das dabei verwendete Formular, welches die Y AG für die Erhöhungsanzeige verwendete, wies gewisse Unstimmigkeiten auf: So enthielt das (gedruckte) Formular noch die alte Firmenbezeichnung der heutigen Y AG (vormals: X AG), obwohl im Zeitpunkt der Erhöhungsanzeige die Firma bereits abgeändert war. Weiter wurde in der Erhöhungsanzeige noch das alte Logo der heutigen Y AG verwendet. Die beiden Mieter fochten die Erhöhung an und machten geltend, dass die angezeigte Mietzinserhöhung nichtig sei, weil diese nicht auf einem von der zuständigen (kantonalen) Behörde genehmigten Formular erfolgt sei (vgl. Art. 269d OR und Art. 19 der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen, VMWG). Die Mieter rügten dabei unter anderem, dass die grafische Gestaltung des Logos völlig unterschiedlich sei und die Firmierung (von X AG zu Y AG) eigenhändig abgeändert worden sei.
Vor der Schlichtungsbehörde kam zwischen den Streitparteien keine Einigung zustande. Das angerufene Mietgericht und die in der Folge angerufene kantonale Appellationsinstanz hiessen die Klage der Vermieterin zur Festsetzung der zuvor bekannt gegebenen Mietzinserhöhung gut. Mit der Beschwerde in Zivilsachen gelangten die Mieter schliesslich ans Bundesgericht mit dem Feststellungsbegehren, dass die Mietzinserhöhung rechtsmissbräuchlich sei. Denn die kantonalen Vorinstanzen seien zu Unrecht davon ausgegangen, dass für die Mietzinserhöhung ein genehmigtes Formular verwendet worden sei. Tatsächlich hat die (für die Formular-Genehmigung) zuständige Behörde sowohl dem Vertreter der Mieter als auch dem erstinstanzlichen Richter mitgeteilt, dass das konkret verwendete Formular nicht genehmigt worden sei.
Erwägungen des Bundesgerichts
Vorab verwies das Bundesgericht in seinem Entscheid (BGer-Entscheid vom 10. Februar 2009, 4A_497/2008) auf seine Rechtsprechung, wonach es nicht genügt, wenn ein Formular inhaltlich den Anforderungen von Art. 19 VMWG entspricht. Vielmehr sei es aus Gründen der Klarheit und der einheitlichen Handhabung sowie der Rechtssicherheit notwendig, dass das Formular von der zuständigen Behörde genehmigt worden sei. In der Sache ging das Bundesgericht der Frage nach, ob die Vorinstanz zu Recht davon ausging, dass es sich beim verwendeten Formular - trotz der oben genannten Unstimmigkeiten - um ein genehmigtes Formular im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen gehandelt hatte.
Zunächst führte das Bundesgericht dazu aus, dass beispielsweise die Nachführung resp. Aktualisierung der Adresse der zuständigen Schlichtungsbehörde nicht bereits dazu führe, dass das entsprechende Formular erneut genehmigt werden müsste. Ebenso und mit Verweis auf Art. 19 Abs. 4 VMWG befand das Bundesgericht in der Sache, dass die Abweichungen des vorliegend verwendeten Formulars zum genehmigten Formular Unterschiede darstellten, die nicht den allgemeingültigen (zu genehmigenden) Teil des Formulars beträfen, sondern den individuell auszufüllenden, dem Formalisierungszwang nicht zugänglichen Teil des Formulars. Somit bleibe - trotz dieser Abweichungen - garantiert, dass der Mieter die notwendigen Informationen in der vom Kanton genehmigten Form erhalte, solange weder inhaltlich noch in der Darstellung weitere Änderungen vorgenommen würden. Insbesondere sei damit dem Zweck von Art. 269d OR Genüge getan, indem auch so dem Mieter der Rechtsweg aufgezeigt werde und ihm eine möglichst einfache Beurteilung seiner Chancen gesichert sei, die angekündigte Mietzinserhöhung anzufechten.
Zusammenfassung
Das Bundesgericht nimmt bei der Beurteilung der Frage, ob eine einseitige, formularpflichtige Vertragsänderung des Vermieters gültig sei, eine pragmatische Aufteilung vor, indem es zwischen dem individuell auszufüllenden und dem allgemeingültigen Teil des Formulars nach Art. 269d OR unterscheidet. Vorliegend entschied das Bundesgericht, dass das verwendete, tatsächlich nicht genehmigte Formular einem effektiv genehmigten Formular entspricht und die angekündigte Mietzinserhöhung gegenüber den Mietern A und B somit gültig erfolgte. Denn die gerügten Abweichungen in der Firma und dem Logo beträfen nur den individuell auszufüllenden Teil des Formulars und seien mit Blick auf den von Art. 269d OR verfolgten Mieterschutz nicht massgebend.