Mietzinshinterlegung und Kündigung wegen Zahlungsverzugs

Sachverhalt

Vermieterin X AG vermietete eine Liegenschaft an die Mieter B und C. Im Mietvertrag mit dem Mieter B verpflichtete sich die Vermieterin, auf ihre eigenen Kosten den beschädigten Parkettboden in der Wohnung des B reparieren zu lassen. Die Vermieterin nahm diese Reparaturarbeiten allerdings nicht sofort an die Hand. Mit Frau C schloss die Vermieterin X einen gemischten Arbeits- und Mietvertrag, wonach Frau C die Hauswartsarbeiten in der besagten Liegenschaft übernahm und eine Dienstwohnung in der selben Liegenschaft bewohnte. Das Verhältnis zwischen den beiden Mietern B und C verschlechterte sich (wohl wegen gegenseitiger Beschuldigungen über die Sauberkeit im Haus) zusehend, worauf die Vermieterin den Vertrag mit Frau C kündigte. Wenig später zog die Vermieterin diese Kündigung jedoch wieder zurück.

Daraufhin hinterlegte der Mieter B bei der örtlichen Kantonalbank den Mietzins. In der Folge setzte die Vermieterin den Mieter B mit eingeschriebenen Brief zur Zahlung der ausstehenden Mietzinse in Verzug. Zudem drohte ihm die Vermieterin die Kündigung an, wenn er nicht innert 30 Tagen zahle. Nach Ablauf der Zahlungsfrist kündigte die Vermieterin den Vertrag mit dem Mieter B wegen Zahlungsverzugs. Da die kantonalen Instanzen die Kündigung der Vermieterin schützten, gelangte Mieter B mit eidgenössischer Berufung ans Bundesgericht. 

Gesetzliche Grundlagen

Ist der Mieter nach Übernahme von Wohn- oder Geschäftsräumen mit der Zahlung fälliger Mietzinse im Rückstand, so kann ihm der Vermieter nach Art. 257d OR eine 30-tägige Zahlungsfrist ansetzen und ihm androhen, bei unbenütztem Ablauf dieser Frist das Mietverhältnis mit einer weiteren 30-tägigen Frist auf das Ende eines Monats zu kündigen. Eine solche Kündigung aufgrund rückständiger Mietzinszahlungen ist allerdings nicht zulässig, wenn der Mieter den Mietzins hinterlegte. Denn nach Art. 259g Abs. 2 OR gelten die Mietzinse mit deren (gültigen) Hinterlegung als bezahlt.

Die Hinterlegung von Mietzinsen ist nach Art. 259g OR unter zwei, kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen gültig: Zum einen muss der Mieter dem Vermieter eine angemessene Frist zur Behebung des geltend gemachten Mangels ansetzen. Zum andern muss der Mieter dem Vermieter schriftlich androhen, den Mietzins zu hinterlegen, falls der Mangel nicht innert der angesetzten Frist behoben werde. Ausnahmsweise kann der Mieter gemäss Lehre auf die Ansetzung einer angemessenen Frist zur Behebung des Mangels und auf Androhung der Mietzinshinterlegung verzichten, wenn im Vornherein klar ist, dass diese Mitteilungen gegenüber dem Vermieter wirkungslos bleiben würden (vgl. Art. 108 Ziff. 1 OR). Allerdings trägt der Mieter dafür die Beweislast.

Erwägungen des Bundesgerichts

Vorab hielt das Bundesgericht (BGer-Entscheid vom 3. Dezember 2003, 4C.264/2003) fest, dass die Vermieterin vorliegend die formellen Kündigungsvoraussetzungen wegen ausstehender Mietzinszahlungen nach Art. 257d OR eingehalten hatte. Denn die Vermieterin X AG hatte dem Mieter B schriftlich eine Zahlungsfrist angesetzt und ihm angedroht, das Mietverhältnis bei unbenütztem Ablauf der Frist zu kündigen. Umstritten war vor Bundesgericht somit nur noch, ob der Mieter B die Mietzinse gültig im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen hinterlegt hatte, womit die Kündigung unzulässig gewesen wäre.

Der klägerische Mieter B hielt die strengen gesetzlichen Voraussetzungen an eine gültige Mietzinshinterlegung nicht ein und konnte auch nicht genügend beweisen, dass die Fristansetzung zur Behebung der Mängel und die Androhung der Mietzinshinterlegung überflüssig gewesen wären. Denn nach Ansicht des Bundesgerichts kann der Mieter auf diese formellen Voraussetzungen für eine gültige Mietzinshinterlegung ausnahmsweise nur dann verzichten, wenn der Vermieter durch sein Verhalten klar und eindeutig zu erkennen gibt, dass er seiner Verpflichtung ohnehin nicht nachkommen werde. Diesen Beweis konnte Mieter B nach der Meinung des Bundesgerichts schon darum nicht erbringen, weil es der Vermieterin X AG aufgrund der blossen Mitteilung der Mietzinshinterlegung seitens Mieters erst gar nicht klar möglich war, sich klar genug für eine spezifische Mängelbeseitigung (Rückzug der Kündigung gegenüber der Mieterin C? Nicht rechtzeitige Vornahme der Parkettreparatur? Mangelhafter Hauswartdienst?) einzusetzen.

Im Weiteren liess das Bundesgericht das Argument des Mieters B nicht gelten, dass er gutgläubig von der Einhaltung der formellen Anforderungen der Mietzinshinterlegung ausgegangen sei und darum die Kündigung des Vermieters trotz fehlerhafter Hinterlegung des Mietzinses unzulässig sei. Denn nach der dezidierten Auffassung des Bundesgerichts spielt der gute Glaube resp. die gutgläubige Unkenntnis von Gesetzesbestimmungen mindestens dann keine Rolle, wenn das Gesetz die gültige Ausübung eines Rechts, wie vorliegend die Mietzinshinterlegung, an die Einhaltung spezifischer Formvorschriften knüpft.

Ergebnis und Empfehlungen

Das Bundesgericht bestätigte seine strenge Auslegung und Beachtung von gesetzlich vorgeschriebenen Formvorschriften im Mietrecht. Aufgrund der gemachten Erwägungen des Bundesgerichts riskiert ein Mieter also, dass ihm der Mietvertrag wegen Zahlungsverzugs nach Art. 257d OR gültig gekündigt wird, sofern er den Mietzins einfach hinterlegt, ohne sich um die formellen, in Art. 259g Abs. 1 OR festgehaltenen Voraussetzungen zu kümmern. Mit anderen Worten: Der Mieter kann den Vermieter nicht einfach mit einer Mietzinshinterlegung vor vollendete Tatsachen stellen, sondern muss dem Vermieter mindestens die Möglichkeit einräumen, die Mietzinshinterlegung durch die Beseitigung des geltend gemachten Mangels zu vermeiden.

Für einen Vermieter lohnt es sich demnach im Fall einer angekündigten oder bereits vorgenommenen Mietzinshinterlegung stets zu prüfen, ob der Mieter dabei auch die formellen Erfordernisse nach Art. 257g Abs. 1 OR eingehalten hat. Stellt sich nämlich heraus, dass der Mieter sich nicht an diese strengen formellen Kriterien zur gültigen Mietzinshinterlegung gehalten hat, ist eine Kündigung durch den Vermieter zulässig, sofern dieser seinerseits die strengen Voraussetzungen nach Art. 257d OR einhält.

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