Rechtliches zum Makler-Reservationsvertrag

Ausgangslage

Immer wieder finden sich in Reservationsvereinbarungen Klauseln mit folgendem (oder ähnlichem) Wortlaut, womit sich geschäftstüchtige Makler gegen böse Überraschungen schützen wollen: „Treten die Käufer vor der Beurkundung vom Kauf zurück, dann verfällt 30% der Anzahlung zu Gunsten des Maklers.  Verrechnet werden mit dieser Pauschale der Aufwand und die Unkosten, wie entgangene Käufer, das Entfernen und das wieder Neuinstallieren der Publikationen und andere damit zusammenhängende Aktivitäten.  Diese Aufwandspauschale, zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer, wird bei der Rückzahlung der Kaufpreisanzahlung abgerechnet.“

Die Frage ist dabei, ob und inwieweit solche Vertragsklauseln rechtlich zulässig sind und im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung vom Makler durchgesetzt werden können.  Die Absicht des Maklers ist dabei klar und so für seinen Vertragspartner auch ohne weiteres erkennbar:  Erbringt der Makler seine vertraglich versprochenen Nachweis- und / oder Vermittlungsleistungen und kommt – ohne Verschulden des Maklers und trotz seines allenfalls grossen Aufwands – kein Verkaufsgeschäft über die von ihm vermarktete Immobilie zustande, will der Makler wenigstens schadlos gehalten werden für seinen zum Schluss vergeblich betriebenen Vermarktungsaufwand.

Rechtliche Grundlagen, Formvorschriften und Konsequenzen

In rechtlicher Hinsicht ist eine Reservationsvereinbarung zu einem späteren Immobilienkauf ein Vorvertrag zu einem Grundstückkaufvertrag.  Demgemäss und soweit es sich um einen Kaufvertrag mit einem zum Voraus bestimmten Kaufpreis handelt, muss eine zugehörige Reservationsvereinbarung für deren gültigen Abschluss öffentlich beurkundet werden (Art. 22 Abs. 2 OR und Art. 216 Abs. 2 und Abs. 3 OR).

Konsequenterweise ergibt sich aus dieser zwingenden Formvorschrift, dass die Anzahlung eines Kaufinteressenten, die gestützt auf eine nur unterschriftlich (oder gar mündlich) abgeschlossene Reservationsvereinbarung erfolgte, ohne (form-) gültigen Rechtsgrund ist und darum der Kaufinteressent eine solche Anzahlung gestützt auf die Regelungen zur ungerechtfertigten Bereicherung gemäss Art. 62 ff. OR zurückfordern kann.  Aber Achtung:  Trotz Nichtigkeit einer formungültigen Reservationsvereinbarung verjährt ein zugehöriger Rückforderungsanspruch mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Kaufinteressent von seinem Rückforderungsanspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der geleisteten Reservationsanzahlung.

Indirekter Immobilienerwerb und formfreie Abrede zur Abgeltung eines  „negativen Interesses“

Im Kontext einer Immobilientransaktion ist nicht jede Vereinbarung formbedürftig:  So muss z. B. ein Kaufvertrag über den Erwerb von Aktien einer Immobiliengesellschaft für dessen gültigen Abschluss nicht öffentlich beurkundet werden.  Denn der Kaufgegenstand einer solchen Immobilien-Transaktion ist kein Grundstück gemäss Art. 655 Abs. 1 OR (sog. „asset-deal“).  Vielmehr handelt es sich – beim Erwerb von gesellschaftsrechtlichen Anteilen an einer juristischen Person mit Grundeigentum in der Schweiz – um einen bloss indirekten Grundstückserwerb. (sog. „share-deal“).  Konsequenterweise kommen die vorerwähnten gesetzlichen Formvorschriften zum Grundstückkauf nicht zur Anwendung beim Abschluss eines Reservationsvertrags über einen solchen, nur indirekten Grundstückerwerb (dazu vgl. Art. 22 Abs. 2 OR e contrario).

Ebenfalls keine gesetzlich zwingenden Formvorschriften gilt es zu beachten bei blossen Nebenabreden zu einem Grundstückkaufvertrag (als asset-deal), die weder objektiv noch subjektiv wesentlich sind.  Solche auch formlos gültige Zusatzabreden dürfen also ihrer Natur nach den Grundstückkaufvertrag nicht unmittelbar betreffen, d. h. das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht berühren.  Die rechtliche Schwierigkeit besteht dabei darin, dass letztlich unklar bleibt, bei welchen Fallkonstellationen bzw. Vertragsabreden solche Zusatzabreden ohne gesetzlichen Formzwang vorliegen.  Das Bundesgericht machte in diesem Zusammenhang bereits verschiedentlich Erwägungen – und speziell mit Verweis auf die hier interessierenden Grundstück-Reservationsvereinbarungen – unter welchen Voraussetzungen auch im Kontext von Grundstückgeschäften Vereinbarungen über Pauschalvergütungen abgeschlossen werden können, die allenfalls auch ohne öffentliche Beurkundung formgültig sein können.  

Klar dabei ist, dass eine Vereinbarung mit einer bloss schriftlichen Pauschalvergütung keinen Konventionalstrafen-Charakter haben darf.  Mit der vereinbarten Pauschalvergütung dürfen demnach keine Leistungspflichten gemäss dem erst angedachten Grundstückkaufgeschäft bekräftigt werden.  Es darf also der allfällige Nichtabschluss eines (noch) nicht rechtsgültig abgeschlossenen Grundstückkaufvertrags mit keiner Pönale bzw. mit keiner vertraglich vereinbarten Strafzahlung sanktioniert werden.  Denn diesfalls ist der innere Zusammenhang (und der dadurch ausgelöste Druck auf den Kaufinteressenten) naheliegend zwischen dem Abschluss des Grundstückkaufvertrags und der ansonsten drohenden Strafzahlung.  Demgemäss unterliegt die Vereinbarung zur Bezahlung einer Vergütung im Fall des Nicht-Abschlusses eines bestimmten Grundstückkaufvertrags für deren Gültigkeit ebenfalls dem Formzwang der öffentlichen Beurkundung.

Wenn aber eine Zusatzabrede ein „selbständiges Leistungspaar“ betrifft und „auch losgelöst vom Grundstückkauf als sinnvolles Ganzes“ denkbar ist, gibt es – konsequenterweise und mit Verweis auf den Grundsatz der Formfreiheit bei Verträgen gemäss Art. 11 Abs. 1 OR – auch keinen Formzwang der öffentlichen Beurkundung für eine solche vertragliche Vergütungsregelung.  Dazu stellte das Bundesgericht klar: „Eine eigenständige Regelung wäre nur möglich gewesen, wenn die Parteien unabhängig davon, ob der Erwerb zustande kommt oder nicht eine Entschädigung, sei es für eine "Miete" oder für eine "Reservation", vereinbart hätten. Weiter und beispielhaft führte das Bundesgericht aus:  „Hingegen sind Vereinbarungen über Konventionalstrafen bzw. Pauschalvergütungen formlos gültig, wenn sie einzig den Zweck haben, das sogenannte negative Interesse abzugelten, wie beispielsweise Planungsaufwand zu ersetzen, den eine Partei im Vertrauen auf den künftigen Vertragsabschluss gemacht hat.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Die Redaktion von Reservationsvereinbarungen ist – angesichts der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Thema – nicht einfacher geworden.  Zudem droht rechtliches Ungemach mit den damit verbundenen Prozessrisiken, dass die Vereinbarung einer Pauschalvergütung in Reservationsvereinbarungen formungültig und damit wegen fehlender öffentlicher Beurkundung nicht vollstreckbar oder bereits geleistete Anzahlungen an den Kaufinteressenten zurückbezahlt werden müssen. 

Gleichzeitig lässt das Bundesgericht durchaus einen Verhandlungs- und Vereinbarungsspielraum offen für vertragliche Pauschalvergütungen für den Fall des Nichtabschlusses eines Grundstückkaufvertrags, die auch ohne öffentliche Beurkundung zulässig und gültig sind.  Ratsam ist es dabei, dass in einer solchen Vereinbarung darauf geachtet wird, dass eine solche Vorabvergütung nicht als Anzahlung auf den Kaufpreis verstanden werden kann.  Vielmehr soll eine solche pauschale Abgeltung vereinbart werden nur für nachweislich vor der öffentlichen Beurkundung erfolgende Leistungen oder Ausfälle des künftigen Verkäufers, die unabhängig vom Zustandekommen des Grundstückkaufvertrags entschädigt werden sollen, z. B. in Zusammenhang mit einem vorläufigen Vermarktungsverzicht, Planungsarbeiten, werkvertraglichen Leistungen, für die während der Vorhaltedauer entgangenen möglichen, nicht im Kaufpreis inbegriffenen Mieterträge, usw.  Die Gerichtspraxis wird – auch anhand der hier aufgezeigten Abgrenzungskriterien – zeigen müssen, ob auch die in der eingangs zitierten Klausel geregelte Abgeltung darunter fällt.

Publiziert in der August- Ausgabe der SVIT Immobilia

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Anfechtung Anfangsmietzins und Streitwertbezifferung

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Anfangsmietzinsanfechtung:  Wichtige prozessuale Weichenstellungen des Bundesgerichts