Nochmals zum Fristenlauf in Mietsachen und zur Gültigkeit einer Kündigung mit veraltetem amtlichen Formular
Ausgangslage
Anfang März 2014 wurde an dieser Stelle über einen nicht für die Aufnahme in die amtliche Sammlung bestimmten Bundesgerichtsentscheid zur Fristberechnung in Mietangelegenheiten berichtet (vgl. den Blog-Beitrag vom 7. März 2014 zu BGer 4A_471/2013 vom 11. November 2013).
Das Bundesgericht entschied damals, dass sich die Fristberechnung resp. die Rechtzeitigkeit eines Erstreckungsbegehrens – wie die Kündigung von Mietverhältnissen – nach der absoluten Empfangstheorie richtet.
Anwendung der absoluten Empfangstheorie
Die Rechtslehre bedauerte es, dass das Bundesgericht eine solch wichtige Frage nicht in eeinem für die amtliche Sammlung bestimmten Entscheid beantwortet hat. Das Bundesgericht hat dies nun - bewusst oder nicht - nachgeholt: Im Entscheid BGer 4A_120/2014 vom 19. Mai 2014 hat es abermals entschieden (vgl. Erwägung 5), dass die 30-tägige Anfechtungsfrist nach Art. 273 Abs. 1 OR bereits mit dem Empfang der Kündigung zu laufen beginnt. Mithin ist es für den Beginn des Fristenlaufs nur erheblich, dass die besagte Kündigung in den Machtbereich des Empfängers (oder seines Vertreters) gelangt ist.
Keine Nichtigkeit der Kündigung wegen veralteten amtlichen Formulars
Interessanterweise hat das Bundesgericht zudem klargestellt (vgl. Erwägung 4 des Entscheids), dass die Verwendung eines veralteten amtlichen Formulars im vorliegenden Fall nicht geschadet hat resp. die Kündigung nicht nach Art. 266l Abs. 2 OR i.V.m. Art. 9 Abs. 1 VMWG nichtig sei (Art. 266o OR).
Denn auch die frühere Fassung des besagten amtlichen Formulars des Kantons Waadt (Ausgabe November 2007, basierend auf Art. 273 aOR) habe bereits alle zur Wahrung der diesbezüglichen Mieterrechte notwendigen Hinweise enthalten wie der zwischenzeitlich – aufgrund der Einführung der Schweizerischen Zivilprozessordnung in Teilen – neu formulierte, aktuelle Wortlaut von Art. 273 OR. Es ist gemäss Bundesgericht und mit dessen Verweis auf das Verbot des überspitzten Formalismus unerheblich, dass die (veralteten) Angaben zum Verfahrensablauf vor der Schlichtungsbehörde und zur Fortsetzung desselben nicht dem aktuellen Wortlaut des Gesetzes entsprochen haben.